Rundbrief September 2022

Brigitte Kazooba
Liebe Mitglieder und Freunde von AGANDI e.V.,

nach 5 Wochen Aufenthalt in Uganda gibt es wieder viele Neuigkeiten. Ich versuche, das Wichtigste in einer Kurzfassung zu berichten.

Die Augen-OP ́s für Tendo Latif haben nach dem schnellen Spendenerfolg vor Ende August stattgefunden und sind erfolgreich verlaufen. Danke, dass ihr dem Jungen eine stark verbesserte Sehkraft geschenkt habt. Er und seine Mutter sind sehr dankbar und glücklich. Auf dem im Februar 2022 gekauften Grundstück wurde ein fast fertiger Sportplatz angelegt. Die Gesamtgröße beträgt ca. 54 x 25 m. Wir haben es unterteilt in ein Basketballfeld mit offiziellen Maßen (28 x 15 m), in ein offizielles „Mini-Fußballfeld“ (20 x 13 m) sowie in eine 50 m Sprint Strecke. Die Anlage geschieht in manueller Arbeit ohne Einsatz von Maschinen: Rodungen, Grabungen, Einebnung, Einzäunung, Bau einer niedrigen Mauer mit Wasserabflüssen etc. Die professionellen Basketballständer – die 50 Jahre halten werden – wurden in Auftrag gegeben und zusammengeschweißt. Solche Dinge kann man in Uganda nicht fertig kaufen. Die Fußballtore werden ebenfalls in Auftrag gegeben, damit sie für viele Jahre dem Tropenregen widerstehen. Was jetzt noch fehlt ist die Asphaltierung des Basketballplatzes, die Aussaat bzw. Anpflanzung einer geeigneten Grassorte für das Fußballfeld und den Sprintstreifen.

Der Platz ist etwas Besonderes. Wir haben umliegenden Anwohnern angeboten, ihre Kinder das – bewachte – Sportfeld mitnutzen zu können. Einige der Nachbarn und auch andere Eltern(teile) sind dieses Mal in höherer Anzahl auf mich zugekommen um einen Platz für ihr Kind bei Agandi anzufragen. Das Problem der Inflation ist auch in Uganda vorhanden, die Auswirkungen sind dort ungleich höher als hier. Die finanzielle Armut ist noch extremer geworden. Die Arbeitslosigkeit ebenso. Die Menschen in Uganda wollen unbedingt arbeiten, finden aber nichts und versuchen dann, Gemüse am Straßenrand zu verkaufen. Deshalb erfolgte die Arbeit am Sportplatz mit hoher Geschwindigkeit – das Gegenteil dessen, was hier aufgrund von Arbeitskräftemangel geschieht. Die Leute, die mich fragen, sind äußerst höflich, leise und fast scheu. Zur Zeit sind neue Aufnahmen für uns nicht möglich, da wir seit geraumer Zeit keine Mitglieder/Paten mehr gewinnen konnten. Inflation, Gaspreise…Die Gründe sind bekannt. Ich versuche, es den Leuten so gut wie möglich zu erklären, sie verstehen es und wir einigen uns darauf, dass sie in 1-2 Jahren noch einmal nachfragen.

Ursprünglich sah das Agandi-Konzept ja vor, dass die Kinder nach Schulabschluss (S6) nicht mehr weiter betreut werden und die „frei“ werdenden Paten evtl. ein neues, kleines Kind übernehmen. Dieses Konzept ist nun überholt. Wir können / wollen die Jugendlichen nicht ohne Ausbildung stehen lassen. Drei unserer Jugendlichen – James, Marvin, Allen – werden im November die Schule abschließen. Mit den zwei anderen Paten und uns wurde Gott sei Dank schon vereinbart, dass wir bei gleich bleibendem Betrag die Ausbildung unserer Jugendlichen gewährleisten. Natürlich ist ein Hochschulstudium nicht möglich, das wäre viel zu teuer. Nach Gesprächen mit den dreien und Recherchen (Anfang 2022 auch bei der Berufsschule für Handwerk – ihr erinnert euch), haben sie ihre ideale Ausbildung gefunden: Caterer. Das beinhaltet eine 3jährige Ausbildung zum Koch/zur Köchin und zum Bäcker/zur Bäckerin. Hiervon sind alle drei begeistert! Das Schulgeld (mit Internat) dafür liegt sogar noch ein wenig unter dem Betrag für die secondary school, so dass etwas für die Jugendlichen im Monat übrig bleibt.

Die Kinder haben natürlich den großen Wunsch: Deutschland kennenzulernen, auch hier zu arbeiten. Da die neue Bundesregierung eine geregelte Einwanderung angekündigt hat (Modell Kanada), habe ich für die Großen mit Deutsch-Unterricht angefangen. Das hat viel Spaß gemacht.

Die wöchentlichen Musik- und Kunstworkshops laufen gut. Mit einer Gruppe haben wir einen eindrucksvollen Tag im Atelier verbracht, das unser Künstler Marvin Kigge sich mit anderen teilt. Die Kinder haben dort zum Thema „Klimaschutz“ gemalt. Später haben sie und weitere Agandi Kinder mit Marvin 28 von mir mitgebrachte Nilpferd Figuren zu diesem Thema farbig gestaltet. Tolle Ergebnisse, wie ihr später noch auf den Fotos sehen könnt. Sie sollen in Entebbe an (zur Zeit kaum vorhandene) Touristen verkauft werden.

Auf großen Wunsch hin bim ich mit einigen Jugendlichen mal wieder im Lake Victoria Hotel schwimmen gegangen. Ein wunderschöner Tag!

Am 11. August haben in Uganda die offiziellen 3-wöchigen Ferien begonnen. Die Jovens school hat die Jugendlichen aber schon am 4. August nach Hause geschickt, weil sie die Lehrer nicht mehr bezahlen wollten (Lehrer werden in den Ferien nicht bezahlt!) und auch nicht das Mittagessen für die Kinder. Dennoch haben sie das Schulgeld erhöht. Gleichzeitig ist die Unterrichtsqualität gesunken. Dazu kommen auch für Agandi finanzielle Probleme, was die regelmäßigen monatlichen Zahlungen betrifft. Also haben wir uns umgesehen und tatsächlich in ca. 2,5 km Entfernung eine staatliche secondary school ausfindig gemacht. Die wenigen staatlichen Schulen haben bislang den Ruf, schlechter zu sein. Das trifft aber nicht mehr in jedem Fall zu, der Staat hat seine Schulen kontinuierlich verbessert, während private Schulen in großer Anzahl als Geschäftsunternehmen „aus dem Boden schossen“. Etwas Geld kosten die staatlichen Schulen auch (Mittagessen, Schuluniform, Material). Selbst das ist für viele Ugander nicht mehr leistbar. Deshalb werden wir wahrscheinlich ab dem neuen Schuljahr (14. Januar 2023) zu der staatlichen sec.school wechseln. Vorher noch einmal genau ansehen. Ab 5. Januar werde ich wieder dort sein. Sollte es klappen, ist unser neuer Sportplatz umso wichtiger, denn den hat die staatliche Schule nicht, während die Jovens school ein großes Sportgelände besitzt. Das scheint momentan ihr einziger Vorteil zu sein.

Bis auf drei Kinder sind alle Mitte August für die Ferienzeit bis 05. September zu ihren Eltern oder anderen Verwandten gefahren. Zurück geblieben sind Natasha, Joseph und Tonny. Die 10jährige Natasha möchte nicht zu Lillian – mit der sie nicht verwandt ist – zurück, noch weniger zu ihrem Großvater/ Ehemann von Lillian. Nach Gesprächen mit den betreffenden Personen konnten wir uns einigen, dass Natasha im home bleiben darf. Sie wurde in die Familieunserer Sozialarbeiterin Patience Sabano aufgenommen und konnte mit Patience in deren Heimatort fahren. Das ist nicht offiziell geregelt – jedoch ist das auch kaum bis gar nicht möglich. An dieser Stelle (und anderen) sind die staatlichen Zustände eher anarchistisch. Tonny (15 Jahre alt) kann nicht zu seiner Mutter zurück. Sie ist schwere Alkoholikerin. Das ist in Uganda eher selten. Sie aber kommt irgendwie an billigen, starken Alkohol heran und sagt aus, dass wir Tonny behalten möchten. Wir wollen ihm auch das Umfeld nicht zumuten. Ähnliches gilt für Joseph (15 Jahre alt), was wir aber schon länger wissen. Joseph ist – wie Natasha – Vollwaise und seine Großmutter will ihn nicht mehr aufnehmen. Gut ist, dass die beiden zusammen die P7 besuchen und zusammen an die sec.school wechseln werden. Wir kamen überein, dass Robinah – unsere liebe Köchin – in den Ferien mit ihrer 13 jährigen Tochter Chloe (auch Agandi Kind) ins home zieht und die beiden mitbetreut. Natürlich bedeutet das Alles ein paar Extrakosten. Es klappt aber sehr gut. Sie kommen gut miteinander aus.

Liebe Grüße, Brigitte Kazooba, Welf Weinstock Berlin, September 2022